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"Agapas" rettet Menschen aus dem Meer

29. March 2012

Von Land aus steuert Martin Kurowski das Boot, während Prof. Bernhard Lampe, Dekan der Fakultät für Elektrotechnik, das Manöver beobachtet.

Geht bei Nacht ein Mensch über Bord eines großen Schiffes, vielleicht auch noch bei stürmischer See, ist es nahezu unwahrscheinlich, dass der Verunglückte gerettet werden kann. Bislang.

Damit Menschen in Zukunft leichter und vor allem schneller geborgen werden können, arbeitet ein Verbund aus Unternehmern und Wissenschaftlern in Rostock an einem neuartigen Rettungsboot. Gestern haben Mitarbeiter der Entwicklungsgruppe das Gefährt für einen Probelauf im Fischereihafen zu Wasser gelassen.Selbst bei ruhiger Wetterlage ist die Rettung auf See ein schwieriges Manöver. Zunächst muss bemerkt werden, dass ein Besatzungsmitglied ins Wasser gefallen ist. Dann muss das Schiff halten, wenden, ein Rettungsboot zu Wasser gelassen werden. All das braucht Zeit, die der im Meer Treibende nicht hat. Der Katamaran des Rostocker Forscherteams trägt den Namen "Agapas" - eine Abkürzung für Autonome Galileogestützte Personenrettung auf See. Dabei ist Galileo das europäische Pendant zum amerikanischen GPS. Noch befindet sich das satellitengestützte Ortungssystem in der Entwicklung. Wenn es einmal voll funktionsfähig ist, soll es noch wesentlich genauer sein als das heute geläufige GPS. Martin Kurowski, Doktorand am Rostocker Institut für Automatisierungstechnik, erklärt, wie die Personenrettung per Satellit funktioniert: "In eine Standard-Rettungsweste ist ein kleiner Sender integriert. Dieser löst bei Wasserkontakt einen Alarm aus." Dann beginnt die "Agapas"-Rettung. Das Freifallboot wird automatisch abgeworfen und steuert autonom auf den im Wasser treibenden Menschen zu. Bis auf eine Entfernung von etwa fünf Metern nähert sich der Katamaran dem zu Rettenden. "Die restliche Annäherung wird per Funkfernsteuerung und mit Hilfe einer Wärmebildkamera sowie einer einfachen Kamera vom Mutterschiff aus geleitet", erklärt Kurowski. Das sei wegen der Ungenauigkeit der GPS-Daten nötig. Mit Galileo soll das einmal noch besser klappen.Zwischen den beiden Rümpfen des Katamarans ist ein absenkbares Netz eingehängt. Dieses fischt den über Bord Gegangenen aus dem Wasser - ohne sein Zutun, sodass auch Bewusstlose gerettet werden können. Im Netz blasen sich schließlich Kissen auf, die für Wärme sorgen sollen. Eine Gegensprechanlage stellt den Kontakt zum Mutterschiff her. Optional gibt es sogar einen medizinischen Brustgurt, der Daten wie die Herzfrequenz übertragen kann."Agapas" befindet sich noch in der Produktionsvorstufe. Die Projektführerschaft hat das Warnemünder Unternehmen Marine Soft übernommen. Neben dem Institut für Automatisierungstechnik sind Maschinenbauer, Kommunikations- und Steuerungstechniker sowie Mediziner der Universität Rostock beteiligt. Der Bootskörper wurde an der Technischen Universität Berlin, die Abwurf- und Aufnahmeanlage durch Thyssen-Krupp Marine Systems entwickelt. Außerdem ist das Institut für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit Rostock Partner. Bis "Agapas" auf den Markt geht, kann es allerdings noch ein paar Jahre dauern. Bis dahin muss es in der Praxis erprobt werden.